„Obiit in bello contra Rußland“

Mitte der 1760er Jahre gab es in Hirschau bei Tübingen etwa 85 Haushalte, was einer Bevölkerung von etwas über 400 Einwohnern entsprach. (DA F II a 824/2. DA G I.3 Bü 480, 1820. Zahlenangaben für Herdstätten oder Bürger werden mit 5 multipliziert, um auf eine ungefähre Einwohnerzahl zu kommen.)

92 der Einwohner besaßen damals das Hirschauer Bürgerrecht, darunter mein Vorfahr Petrus Haug (1695 – 1764; „Inhaber und Besitzer der lehnbaren Backküche und Brottaverne zu Hirschau“) und seine Söhne Nicolaus (1727 – 1781; Weingärtner) und Achatius (1735 – 1792; Weingärtner) oder mein Vorfahr Hans Gabriel Knobel (1728 – 1792; Weingärtner). Daneben waren auch weitere Mitglieder der weit verzweigten Familie Haug, beispielsweise Johannes († 1788), Joseph (Weingärtner), Johannes („Spielmanndle“), Nicolaus († 1778; Weingärtner) oder Anton (Weingärtner und Deputierter) Bürger in Hirschau.

In der zweiten Hälfte bzw. Ende des 18. Jahrhunderts lebend erfuhren die Menschen eine Phase des politischen Umbruchs, in der sie gravierenden Veränderungen ausgesetzt waren. Am Vorabend der Französischen Revolution bot der deutsche Südwesten mit seinem kleinkammrigen Bauplan von mehr als 250 selbstständigen Territorien das klassische Bild der Kleinstaaterei im hochgradig zersplitterten Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Vier große Staaten im Südwesten (die Kurpfalz, die Markgrafschaft Baden, das Herzogtum Württemberg und die habsburgischen Erblande Vorderösterreichs) formten dabei das Territorium des heutigen Baden-Württembergs.

Wenige Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution lebte die Familie meines Vorfahren Petrus Haug (1762 – 1807) in einem Dorf, das zur Grafschaft Hohenberg und politisch damit zu Vorderösterreich gehörte.

Neben vielen der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts erlebten Peter Haug und seine Familie auch wirtschaftlich schwere Zeiten, unter anderem den strengen Winter 1788/89, den sehr schlechten Weinherbst 1789, sowie die folgenden mageren Ernten und Weinjahre bis 1793, durch die sich die Situation der Bauern in Bezug auf Ertrag und Versorgung deutlich verschlechterte.

Der Bauer und Weingärtner Peter Haug war seit den 1780er Jahren selbst Bürger in Hirschau. Seit November 1783 war der „honestus iuvenis Petrus Haug“ mit der drei Jahre jüngeren „purica virgo“ Rosina Knoblin (1765 – 1794) aus Hirschau verheiratet. Bis 1794 wurden sechs Kinder geboren – zwei der gemeinsamen Söhne sollten im sogenannnten Russlandfeldzug Napoleons 1812/13 fallen. Darauf werde ich ausführlich eingehen.

Bei der Geburt des ersten Kindes Johannes Evangelist Haug Anfang November 1784 war Rosina erst 19 Jahre alt, Peter noch 21. Johann wurde ein Jahr nach der Hochzeit in Haus Nr. 33 geboren, weitere Kinder in Haus Nr. 71, so dass davon auszugehen ist, dass die Familie vor der Geburt des zweiten Kindes umgezogen ist. Johann wurde am Samstag, den 6. November 1784 getauft – seine Paten waren der ledige Johannes Latus und die ledige Elisabeth Knobel – und 1796 gefirmt. Im Familienregister notierte der Pfarrer: „vereheligt den 22. May mit Magdalena Sauter“. Mein direkter Vorfahr, der Wagner Johannes Evangelist Haug, heiratete ein Wurmlinger Knöpfle und wanderte 1810 in den Nachbarort ab. Dies bewahrte ihn letztendlich vor der Teilnahme an Napoleons Russlandfeldzug 1812/13.

Der Zweitgeborene Joseph Haug war ein Sonntagskind: Er wurde am 18. Februar 1787 in Haus Nr. 71 in Hirschau geboren und drei Tage später getauft. Seine Paten waren der ledige Johannes Latus und die ebenfalls nicht verheiratete Domitilla Zimmermann. 1788 wurde Joseph gefirmt. Über Josephs Beruf ist bislang nichts bekannt. Im wehrfähigen Alter wurde er gemustert und schließlich eingezogen, um mit den württembergischen Truppen in Napoleons Russlandfeldzug zu ziehen. Der Ehrentafel für die gefallenen Hirschauer (s.u.) kann man entnehmen, dass Joseph zum 7. Württembergischen Infanterie-Regiment gehörte. Darauf werde ich noch eingehen.

Nach einzelnen Aushebungen (Musterungen) war die allgemeine Wehrpflicht 1802 endgültig in allen französischen Departements eingeführt worden. Nach dem Militär-Conskriptions-Gesetz vom 6. August 1806 waren zwar alle männlichen Einwohner wehrpflichtig, in der Praxis wurden jedoch aufgrund zahlreicher Ausnahmeregelungen vor allem Arme und Ungebildete ausgehoben. Auch konnten sich Ausgehobene durch sogenannte Einsteher vertreten lassen. Die Dienstzeit betrug acht Jahre (bei der Kavallerie zehn), die Soldaten wurden aber nach einer Grundausbildung beurlaubt.

Die Vorstellung und Prüfung der Wehrtauglichkeit erfolgte zunächst folgendermaßen: Die in die Militärlisten eingeschriebenen jungen Männer ab dem zwanzigsten Lebensjahr zogen aus einer Urne einen Zettel mit einer Nummer, die festlegte, in welcher Reihenfolge sie ihren Militärdienst antreten mussten. Anschließend wurden diejenigen ausgesondert, die offensichtliche Gebrechen (Missbildungen) aufwiesen oder kleiner als 153 cm waren. Auf verheiratete Männer wurde meist Rücksicht genommen. Der Einberufene konnte sich durch einen Mann, der nicht „gezogen“ wurde, ersetzen lassen oder die Reihenfolge der Einberufung tauschen.

Am 20. August 1809 wurde die Konskriptionsordnung durch Wegfall der Ausnahmen verschärft, woraufhin die Zahl der einberufenen jungen Männer dramatisch zunahm: fast alle Wehrtauglichen eines Jahrgangs wurden nun „gezogen“.

Wie gerieten nun Joseph Haug und sein jüngerer Bruder ab Oktober 1812 in die Mühlen des Krieges? Im Februar 1812 hatte Napoleon Schwedisch-Vorpommern und die zu Schweden gehörende Insel Rügen besetzt, woraufhin Schweden am 5. April ein Bündnis mit Russland schloss. Am 21. April reiste Zar Alexander I. von St. Petersburg nach Wilna, um das Kommando über die Truppen zu übernehmen; drei Tage zuvor hatte er noch eine Botschaft Napoleons erhalten, in der dieser zwar seine Bereitschaft zum Frieden signalisierte, den Zar gleichzeitig aber durch Luois de Narbonne, den Überbringer der Depeche, ausdrücklich über die enorme Stärke der Grande Armée unterrichtete – einer multinationalen Truppe, unter der sich allenfalls 30 Prozent Franzosen befanden, das größte Kontingent von den Deutschen gestellt wurde und in der außerdem Italiener, Niederländer, Belgier, Kroaten, Polen (Weichsel-Legion), eine irische und eine portugiesische Legion sowie eine nordafrikanische Reitertruppe kämpften – die schließlich am 23. Juni 1812 mit rund 600.000 Mann (darunter 150.000 Soldaten aus Preußen, Österreich, Bayern und dem Rheinbund) die Memel überschritt.

Laut Bestandslisten war die Hauptarmee, mit der Napoleon am 24. Juni 1812 die russische Grenze überschritt, etwas mehr als 420.000 Mann stark. Sie bestand aus dem Großen Hauptquartier, dem 1. bis 8. und dem 10. Armee-Korps, der Kavallerie-Reserve (mit etwas über 40.000 Reitern) mit dem 1. bis 4. Kavallerie-Korps und der Kaiserlichen Garde (in der Stärke eines Armee-Korps). Zusammen mit dem österreichischen Hilfs-Korps von 30.000 Mann und den dazugehörigen „großen Parks“ (großer Artillerie-Fuhrpark), den Trains und den Genie-Truppen (Pioniere) mit all den Unterstützungstruppen etwa 22.000 Mann stark, umfasste die Armee der ersten Linie etwa 475.000 Mann und fast 200.000 Pferde. Hinter dieser Armee folgten weitere Unterstützungs- und Nachschubs-Kräfte, Verwaltung, Handwerker und in Litauen angeworbene Truppen (größtenteils Deserteure der Russischen Armee); zusammen zählten diese Truppen etwa 35.000 bis 40.000 Mann. Dahinter folgten in den nächsten Woche die Kräfte der zweiten und dritten Linie: das 9. und 10. Armee-Korps, zusammen mit Ersatztruppen aus der Heimat etwa 95.000 bis 100.000 Mann stark und für Sicherung der Nachschubwege, das Anlegen und Sichern neuer Magazine usw. zuständig. Zusammen bestand die Grande Armée für den Angriff auf Russland aus mehr als 610.000 Mann.

Napoleons Russlandfelzug 1812

Der von Napoleon 1812 geführte Russland-Feldzug stellt die erste Phase des Sechsten Koalitionskrieges dar, wobei sich hier Frankreich und Russland mit ihren jeweiligen Verbündeten gegenüberstanden.

Bei Ausbruch des Krieges im Frühjahr 1812 stellte Friedrich von Württemberg als Mitglied des Rheinbundes ein Corps, das sich – einschließlich des schon im Jahr 1811 nach Danzig ausmarschierten 7. Infanterie-Regiments und des Artillerie-Detaschements mit zwei 6pfünder Kanonen sowie der dem Armeecorps nachgeschickten Ergänzung und Trains – auf 15.800 Mann und 3.400 Pferde belief. Das Corp führte 32 Geschütze mit und setzte sich aus Kavallerie (den Regimentern No. 1 Chevauxlegers, No. 2 LeibChevauxlegers, No. 3 Jäger Herzog Louis, No 4. Jäger König, zwei berittenen Batterien mit vier 6pfünder Kanonen und zwei 7pfünder Haubitzen, zwei Fußbatterien mit zwei 12pfünder und zwei 6pfünder Kanonen sowie zwei 7pfünder Haubitzen, einem Reserve-Park von zwei 12pfünder- und vier 6pfünder Kanonen) und Infanterie (den Regimentern No. 1 Prinz Paul, No. 2 Herzog Wilhelm, No. 4, No. 6. Kronprinz, den beiden Jäger- und den beiden leichten Infanterie-Bataillonen) zusammen. Das Kommando über dieses Armeecorps hatte der württembergische König dem Kronprinzen übertragen.

Das Armeecorps brach am 11. März aus seinen Cantonierungs-Quartieren bei Heilbronn auf und marschierte in vier aufeinanderfolgenden Kolonnen über Mergentheim, Marktbreit, Wiesentheid, Neuseß, Haßfurth und Ebern nach Coburg, wo es zwischen dem 19. und 22. März eintraf. Anschließemd rückte es über Judenbach, Gräfenthal, Saalfeld und Neustadt am 25. März in Gera und am 28. März in Leipzig ein, von wo aus zwischen den Flüssen Mulda und Elbe bei Wurzen Cantonierungs-Quartiere bezogen wurden.

Das Armeecorps wurde zur 25. Division der Grande Armée erklärt und bildete unter Marschall Ney mit der 10. und 11. französischen Infanteriedivision – Ledru und Razout – das 3. Corps derselben. Am 4. April brach es von Wurzen mit der Bestimmung auf, über Eulenburg, Torgau, Herzberg, Hohen-Buckau, Luckau, Lieberose, Friedland und Mühlrose am 14. April in Frankfurt an der Oder einzutreffen. Allerdings wurde der Befehl abgeändert und am 13. bis 15. im Kreis Lebus Cantonement bezogen. Das Hauptquartier befand sich in Lebus, die Kavallerie und der Artillerie-Park im Oderbruch, die leichten Infanterie-Brigaden in der Gegend von Selow, die erste Linie der Infanterie-Brigade bei Münsterberg und die zweite bei Fürstenwalde.

Mit der Brigadeeinteilung der Kavallerie erfolgte auf Befehl Napoleons eine Veränderung, denn das Cavallerie-Regiment No. 3. wurde von der württembergischen Division getrennt und mit einem königlich preußischen Uhlanen- und einem polnischen Husarenregiment als 16. leichte Cavallerie-Brigade (Brigade Etrangére) der Grande Armée dem 2. Cavallerie-Reservecorps zugeteilt, das unter dem Oberbefehl des Königs von Neapel stand. Die drei bei der württembergischen Division gebliebenen Cavallerie-Regimenter wurden zur 25. Cavallerie-Brigade erklärt.

Vom 2. bis 3. Mai wurde eine Veränderung in der bisherigen Stellung vorgenommen: Die Infanterie und der Artillerie-Park kamen zwischen Zilenzig und Frankfurt und die Kavallerie zwischen Landsberg an der Weichsel und Cüstrin auf den nach Posen führenden Straßen zu stehen. Das Hauptquartier war nun in Frankfurt. Von dort aus erfolgte am 10. Mai der Aubruch und die Soldaten marschierten über Drossen, Meseritz, Pinne, Sendzino, Posen, Pudwitz, Gnesen, Inovrazlaw und Gniewkowo in die Gegend von Thorn, wo sie am 21. Mai eintrafen. Das Hauptquartier befand sich in Stezellno, von wo aus das 3. Armeecorps am 26. Mai zwischen Gollup jenseits und Gnievkowo diesseits der Weichsel eine Cantonierung und Stellung genommen wurde, so dass von dort aus auf Befehl der Vormarsch nach Pregel und Niemen erfolgen konnte. Das Hauptquartier lag in Thorn. Hier traf ein der Division auf 52 Wagen nachgeschickter Zwiebackstransport nebst einem Bäckermeister und 30 Bäckern ein.

Vom 1. bis 3. Juni vertauschte die württembergische Division die Cantonements bei Gollup gegen andere bei Strasburg (Hauptquartier), Kowalewo, Culmsee, Rehden und Jablonowo, die es aber schon am 5. Juni wieder verließ, um sich Richtung Strasburg bis Neumark, Kauernick und Lebau zu bewegen und der in dieser Stadt einrückenden Kaiserlichen Garde Platz zu machen. Um die Subsistenz der Truppen bei dem bevorstehenden Marsch zu sichern wurde befohlen, sie auf 16 Tage mit Zwieback, Mehl, Reis und Schlachtvieh zu versehen. Außerdem mussten für die Eskadrons Sensen und Sicheln angeschaft werden, da vorauszusehen war, dass die Pferde beim Vormarsch auf Grünfutter gesetzt werden würden. Als Depotplätze waren dem 3. ArmeeCorps Cüstrin und Thorn angewiesen, wo es seine Kranken und auf dem Vormarsch entbehrlichen Effecten zurücklassen sollte. Die Cavalleriedepots wurden in Culm und Elbing errichtet.

Auf Befehl Napoleons musste die württembergische Cavallerie-Brigade mit der ersten berittenen Batterie zur 9. und 14. leichten französischen Cavallerie-Brigade stoßen und nach Bischoffsburg marschieren, von wo aus dieselbe am 15. Juni in Insterburg eintreffen und in Gumbinnen Cantonirungsquartier beziehen solltte. Das Kommando der Kavallerie hatte vorerst noch Generallieutenant von Wöllwarth.

Am 8. Juni wurde die württembergische Infanterie bei Gilgenberg im Bivouac konzentriert und marschierte von dort am 9. Juni nach Hohenstein, am 10. nach Allenstein, am 11. nach Seeburg, am 12. nach Bischofstein, am 13. nach Schippenbeil und am 14. nach Gerdauen. Unter den Soldaten befand sich auch Joseph Haug. Das Hauptquartier wurde in Schackenhof bei Friedenberg aufgeschlagen.

In einer Beilage der Stuttgarter Zeitung vom 24. Oktober 1812 wurde Folgendes veröffentlicht:

„Se. königl. Majestät haben durch den gestern als Courier aus dem königl. würtembergischen Hauptquartiere angekommenen Stabsrittmeister von Speth folgende Nachrichten von den königl. Truppen im Lager vor Moscau vom 20sten Sept. erhalten:

Bey dem Vorrücken der französischen Armee am 25sten Aug. hatte die königl. Division die Queue der mittlern Colonne, welche Marschordnung mit geringen Abweichungen bis zum 14ten Sept. beybehalten wurde.

Bey den Städten DorogobuskWiazma und Ghiat erwartete man eine Schlacht, welche jedoch nicht statt fand, sondern es fielen nur leichte Arrieregardegefechte vor.

In der Nacht vom 5ten auf den 6ten wurde die Armee concentrirt; die königl. Division bezog mit dem 3ten Armeecorps in dem Centrum in dieser Nacht ein Lager, etwa 1000 Schritte hinter einer genommenen Redoute, und blieb den 6ten ruhig.

Den 7ten früh 6 Uhr traten alle Truppen unter Gewehr, und nachdem ihnen eine Proclamation Sr. Majestät des französischen Kaisers vorgelesen war, und worauf es von den Würtembergern: Es lebe der König! erschallte, wurde zur Schlacht angetreten.

Das erste Armeecorps, unterstützt durch die Cavallerie des Königs von Neapel, bildete das erste Treffen im Mittelpuncte, und als 2te Treffen folgte das 3te Armeecorps, wovon das Centrum die königl. Division bildete; den rechten Flügel der ganzen Armee hatte das polnische Armeecorps; das Centrum der Armee hatte mehr freyes Terrain vor sich als die beyden Flügel, welche der Feind mit 2 Redouten gedeckt hatte. Um diese beyden Redouten zu nehmen, wurde denselben gegenüber eine bedeutende Batterie aufgeführt, wozu das königl. Armeecorps 8 Haubizen unter dem Obersten von Bartruff gegeben hatte; 6 königl. Zwölfpfünder nebst einer französischen Zwölfpfünderbatterie hatten die nämlichen Bestimmung. Nachdem das Feuer auf diese Redouten gegen 2 Stunden mit Effect gedauert hatte, formirte das erste Treffen 2 Colonnen, um dieselben zu stürmen. Die feindliche Infanterie in den Redouten und die Artillerie machte ein mörderisches Feuer, während die feindliche Cavallerie und Infanterie die Redouten zu souteniren bemüht waren; die Redouten wurden aber dennoch genommen, und somit der Schlüssel zu der feindlichen Position. Der Feind zog hierauf seine in 2 Treffen und Colonnen aufgestellte Infanterie zurück, und etablirte auf einer dominirenden Anhöhe vor seiner Fronte eine neue Batterie von einige zwanzig Kanonen; zugleich aber hatte er auf andern verschiedenen Puncten seiner ganzen Stellung größere oder kleinere Batterien errichtet, so daß feindlicher Seits wenigstens 250 Kanonen im Feuer waren.

Da vorzüglich die italienische Armee den feindlichen rechten Flügel zu tourniren suchte, und sich daher links zog, so folgte das 1ste Armeecorps schnell dieser Bewegung, wodurch die bereits genommenen 2 Redouten von den diesseitigen Truppen degarnirt wurden; und da sie von dem 1sten Armeecorps nur schwach besetzt blieben, so profitirte der Feind schnell von dieser Lücke, formirte einige Infanteriecolonnen, von Cavallerie und Artillerie unterstützt, um die Redouten wieder zu nehmen; in eben diesem Augenblicke wurde das 3te Armeecorps vorgezogen, um den Feind aufzuhalten; er hatte aber die linke liegende Redoute bereits genommen und mit Infanterie besetzt, welche demselben wieder genommenen wurde. Um diese Redouten entstand ein mörderischer Kampf; Abends 7 Uhr war der Feind aus seiner ganzen Position, welche ihm viele Vortheile gab, vertrieben.

Was das Benehmen der königl. Truppen anbelangt, so hat der bey dieser Schlacht gegenwärtig gewesene Theil bewiesen, daß er den Kern der königl. Truppen enthält. Viele französische Officiere bezeugten laut ihre Achtung. Se. Majestät der Kaiser schickten während der Schlacht einen Adjutanten an den General Marchand, welcher von französischer Seite dem Generallieutenant von Scheeler beygegeben ist, und ließen denselben nach dem Gange der Dinge fragen. General Marchand sagte dem Adjutanten: Melden Sie dem Kaiser, daß die Würtemberger die Schanzen trotz der wiederholten heftigsten Angriffe behauptet, und dadurch Se. Majestät den König von Neapel von der Höchstdemselben gedrohten Gefahr befreyt haben. Se. Majestät der König von Neapel kam nämlich bey dem Rückzuge der Cavallerie ins Gedränge, indem Derselbe durch mehrere Kürassiers und Cosaken persönlich verfolgt wurde; der König ritt auf die diesseitige königl. Infanterie zu, welche plötzlich auf die verfolgenden Feuer gab, und durch Herunterschießen von Mehrern Sr. Majestät Luft machten; da aber die feindliche Cavallerie sich bereits in Flanken und Rücken zeigte, so warf sich der König in die Redoute hinein, und vertraute Sich somit dem Schutze der würtembergischen Division, wobey Derselbe Zeuge des guten Benehmens dieser Truppen war, und solchen vielen Beyfall zu erkennen gab.

Nur einige hundert Schritte vom Lager entfernt kam schon die ganze Division in das Kanonen- und Cartätschenfeuer einer feindlichen Batterie von 20 Pieçen, in welchem circa 1000 Schritte bis zur Redoute avancirt werden mußte; hier hat die Division den größten Verlust erlitten. Je geringer aber der Zeitraum des größten Verlust war, desto mehr wurde die Haltung der Truppen erprobt, die sich im Avanciren keinen Augenblick aufhalten ließen, und immer Reih und Glieder hielten. Kaum war die Division bey der Schanze angelangt und kaum hatte Generallieutenant von Scheeler die Infanterie zu deren Besetzung befehligt, als er einen Schuß durch eine Kleingewehrkugel an der Hals erhielt, welche ihn besinnungslos vom Pferde stürzte, so daß er hinweggebracht werden mußte, als er kurz darauf wieder zur Besinnung gekommen und verbunden worden war, übernahm er während der Schlacht das Commando wieder, und hat solches bis dato behalten.

In der Nacht vom 7ten auf den 8ten und vom 8ten auf den 9ten bivouakirte die Armee auf dem Schlachtfelde.

Den 10ten setzte sich dieselbe wieder in Bewegung, ohne daß etwas weiteres als Arrieregefechte den 10ten, 11ten, 12ten und 13ten vorfielen, obschon man gewiß glaubte, daß der Feind vor Moscau eine zweyte Schlacht annehmen würde; es hatte auch derselbe an mehrern Stellen, vorzüglich aber eine Stunde vor Moscau, angefangen, Verschanzungen und Verhaue anzulegen, jedoch deren Vertheidigung immer wieder aufgegeben; die feindliche Armee hatte auch wirklich in dieser Schlacht den Kern ihrer alten Truppen verloren.

Den 14ten Abends kam die Armee nach einem sehr starken Marsche eine halbe Stunde vor den Barrieren von Moscau an, woselbst ein Bivouac bezogen wurde.

Den 15ten und 16ten waren nur die kaiserl. Garden in der Stadt, andern Truppen war der Eingang verboten; den 17ten in der Nacht aber wurde der Befehl gegeben, auch von allen andern Corps Detaschements hineinzuschicken, um von den dem Feuer preisgegebenen Vorräthen zu profitiren, und somit konnten auch die in einem Dorfe hinter dem Schlachtfelde versammelten Blessirten der königl. Division in Hinsicht ihrer Verpflegung gut besorgt werden.

Seit 2 Tagen sind das 3te Armeecorps und daher auch die königl. Truppen in der Vorstadt Moscaus auf der Straße nach Kasan im Quartier.

Die königl. Cavallerie, welche meistens zertheilt war, hat gleichfalls den rühmlichsten Antheil an der Schlacht vom 7ten Sept. und den solcher vorangegangenen und gefolgten kleinern Gefechten genommen.

Der Verlust des königl Armeecorps besteht in 5 gebliebenen und 42 verwundeten Officiers; 64 gebliebenen, 534 verwundeten und 29 vermißten Unterofficiers und Soldaten, und in 472 todten, 71 verwundeten und 4 vermißten Pferden.“

In der Nacht zum 24. Juni 1812 ließ Napoleon bei Kaunas drei Schiffbrücken bauen und überquerte mit seinen Truppen die Memel – mit dem Passieren der russischen Grenze war der Krieg gegen Russland eröffnet. Napoleon wollte nun so schnell wie möglich gegen die Hauptstreitkräfte der russischen Armee antreten und diese vernichtend schlagen. Die zurückweichenden russischen Truppen wurden von den französischen Soldaten, die „leichte Feldkanonen“ mit kurzer Reichweite mit sich führten, die dafür aber beweglich waren, in Eilmärschen verfolgt. Plötzlich einsetzende heftige Regenschauer verwandelten das Land in Sumpf und Morast, weshalb die nach vorne geeilten Franzosen die Verbindung zu ihren Versorgungsfuhrwerken verloren. Da schon die russischen Truppen sich von dem Land ernährt hatten, war für die französischen Truppen dort nun nichts mehr zu holen. Wasser schöpften sie aus den verschmutzten Sümpfen und Flüssen, daher griff die Ruhr um sich und Tausende Soldaten starben in den ersten Wochen an Krankheiten oder Entkräftungen, viele desertierten oder begingen gar Selbstmord. Die medizinische Versorgung war allerdings für die damalige Zeit vorbildlich: die französische Armee war eine der ersten, die Lazarettfuhrwerke mitführte.

Die russische Armee hingegen zog sich geschlossen zurück, um die französische immer tiefer nach Russland zu locken. Zunächst sollte die französische Armee bei Drissa gestellt werden, doch dieser Plan wurde wieder verworfen, da das Terrain eine Umgehung durch den Feind zugelassen hätte, was wiederum einer Niederlage der russischen Armee bedeutet hätte. Es kam immer wieder zu kleineren unbedeutenden Scharmützeln. Unter der nach dem Regen einsetzenden Hitzewelle hatten die Soldaten sehr zu leiden.

Bereits auf dem Vormarsch starben Hundertausende in Gefechten, vor allem aber an Hunger, Entkräftung und Fleckfieber, da der Feldzug miserabel geplant und die Nachschub- und Versorgungsprobleme groß waren. Die Truppen marschierten bis zu 50 km pro Tag und dies oft mehrere Tage hintereinander.

Durch die o.g. Unbillen in den ersten zwei Wochen des Feldzuges hatte die Grande Armée bereits 135.000 Mann verloren, ohne dass es zu größeren Kampfhandlungen gekommen war. Vor allem die Versorgung war problematisch. In früheren Kriegen hatten sich die französischen Soldaten immer aus den Ländern versorgt, die sie durchzogen, kamen ohne militärisch organisierten Tross aus und waren somit schneller und beweglicher als der Gegner, doch für den Krieg gegen Russland hatte Napoleon eine überaus komplexe Logistik geplant. So waren viele Lagerhäuser in Preußen und Polen mit Vorräten gefüllt und auf den dortigen Flüssen waren Lastkähne unterwegs, die den Nachschub auf dem Wasserweg übernehmen sollten. Weiterhin ging er davon aus, dass man sich jahreszeitlich bedingt auch mit russischem Getreide versorgen konnte, um auch für Pferde und Rinder genügend Futter zu haben.

Der Tross, der der Grande Armée folgte, war sehr umfangreich (allein Napoleon benötigte 18 Versorgungs-, 1 Garderobewagen, 2 Butler, 3 Köche, 6 Diener, 8 Pferdeknechte und fuhr selbst in einer sechsspännigen Kutsche). 52 Kutschen wurden für die Beförderung, unzählige weitere Fuhrwerke für die Versorgung des Stabes benötigt. Auf mehreren Fuhrwerken führte man Pontons zum Bau von Brücken mit sowie viele Fuhrwerke mit Werkzeugen und Material für die Pioniere, für Schneider, Schuster und andere Handwerker, die den Tross begleiteten. Außerdem gehörten Feldschmieden und eine mobile Druckerei zum Tross. Die Artillerie führte allein für ihre Lafetten für die Kanonen und die dazugehörige Munition mehr als 3000 Fuhrwerke mit sich, und für den Transport des Solds der Soldaten und anderer Ausgaben der Truppen fuhren 50 Kassenwagen mit. Da die höheren Offiziere nicht auf Komfort verzichten wollten, führten sie viele Fuhrwerke mit, die häufig die für die Versorgung der Truppen wichtigen Fuhrwerke behinderten. Zusätzlich stellte Napoleon 26 Equipagen-Bataillone bereit, die zusammen über 6000 Fuhrwerke verfügten. Doch diese riesige Menge an Equipagen-Fuhrwerke hatte eine Transport-Kapazität von nicht einmal 8000 Tonnen, was für die Versorgung einer 600.000 Mann starken Armee bei weitem nicht ausreichte. So musste man sich trotzdem noch in den Ländern, die man durchzog, Pferde und Fuhrwerke und manchmal sogar das Personal für diese Fuhrwerke aneignen und diese zum Mitziehen zwingen.

Da die eigentliche Armee erheblich schneller vorankam als der schlecht organisierte Tross, begannen die Soldaten Hunger und Durst zu leiden; auf der anderen Seite kamen die russischen Soldaten und ihre Verbündeten schneller voran und nahmen die von Napoleon vorbereiten Vorratslager in Polen und Preußen ein, bevor die französischen Truppen dort eintrafen. So mussten sich die französischen Soldaten selbst versorgen und aus diesem Grund auch ihre Einheit verlassen, um in entfernter gelegenen Dörfern nach Nahrung zu suchen. Nicht zuletzt deshalb desertierten allein in den ersten sechs Wochen rund 50.000 Soldaten aus der Grande Armée.

Nach anfänglichen Erfolgen der Französischen Armee wurde der Russland-Feldzug ein Desaster für Napoleon, denn die russischen Truppen zogen sich immer tiefer ins Landesinnere zurück und hinterließen verbrannte Erde, während Napoleons Nachschubwege immer länger und anfälliger für Partisanen wurden.

Die Schlacht bei Borodino am 7. September brachte hohe Verluste auf beiden Seiten, aber keine Entscheidung. Auch nach der Einnahme Moskaus am 14. September verweigerte Zar Alexander I. einen Friedensschluss. Nur 30.000 Soldaten erreichten den Njemen.

Mitte Oktober befahl Napoleon den Rückzug seiner stark geschrumpften Armee, die bis dahin bereits 275.000 Tote und 200.000 Gefangene zu verzeichnen hatte. Die verbliebenen Soldaten, die von den Russen wieder auf die verwüstete Smolensk-Route gezwungen wurden, sahen sich ständigen Angriffen ausgesetzt, was ihre Zahl weiter dezimierte; am Ende zählte die Armee nur noch rund 10.000 Mann.

Im Dezember 1812 kehrte Napoleon nach Paris zurück. Von den 15.800 Württembergern, die von Kronprinz Wilhelm als Oberbefehlshaber der württembergischen Truppen angeführt wurden, kamen nur 387 Mann zurück, darunter wenige aus Tübingen, Rottenburg und Wurmlingen.

Von den 13 Hirschauern kam keiner zurück, auch Joseph Haug starb während dieses Feldzugs, doch die genauen Umstände – ob im Kampf, durch Hunger, Kälte oder an einer Krankheit bzw. das Todesdatum – sind nicht bekannt. Im Hirschauer Taufbuch ist nur lapidar vermerkt: „obiit in bello contra Rußland“ (Hirschauer Kirchenbuch (Taufen, Ehen, Tote 1749 – 1784)).

Der Ehrentafel für die gefallenen Hirschauer kann man entnehmen, dass Joseph (stehend ganz links in weißen Hosen, dunkelblauem Waffenrock mit rotem Kragen, roten Aufschlägen und Schulterklappen, einem roten Bandgürtel unterhalb der Brust, weißen Knöpfen, gekreuztem weißem Schulterriemen und schwarzen Gamaschen) zum 7. Württembergischen Infanterie-Regiment (vormals von Koseritz) gehörte. Der Infanterist trug als Kopfbedeckung auch einen Tschako, (ungarisch csákó: Husarenhelm), eine militärische Kopfbedeckung von zylindrischer oder konischer Form, die in der Regel einen Augen-, manchmal auch einen Nackenschirm besaß und Ende des 18. Jahrhunderts aus der Flügelkappe der ungarischen Husaren entstand. Anfänglich wurde er aus Filz, später aus Leder gefertigt, um den Träger vor Säbelhieben zu schützen. Hinzu kam ein in der Regel metallener Kinnriemen (Schuppenkette), der zusätzlichen Schutz bot. Normalerweise waren Filz bzw. Leder in schwarz gehalten. Während der Napoleonischen Kriege setzte sich der Tschako in fast allen europäischen Heeren als Hauptkopfbedeckung für Fußtruppen, leichte Kavallerie sowie die Artillerie durch, da er besseren Schutz als der damals übliche Filzhut bot. Zudem war er billiger herzustellen als die beispielsweise in Österreich und Württemberg getragenen Lederhelme. Auf der Vorderseite waren ein metallener Beschlag sowie das Feldzeichen (Nationale) angebracht.

Das 1808 als Infanterie-Regiment Herzog Wilhelm aus dem Musketier-Bataillon Herzog Wilhelm in Stuttgart aufgestellt Regiment wurde drei Jahre später in Infanterie-Regiment Nr. 2 Herzog Wilhelm umbenannt. Im Russlandfeldzug 1812 wurde das Regiment, das unter dem Kommando des Oberst Fidelis Karl Josef Maria Guntram Baur von Breitenfeld zum Armeekorps Ney (rund 1.400 Mann) gehörte, völlig aufgerieben. Der württembergische König Friedrich hatte bereits am 24. Oktober 1812, also noch vor der Rückkehr der Reste der württembergischen Truppen, befohlen, neue Verbände zum sofortigen Abmarsch ins Feld aufzustellen. In diesem Feldzug wurden die eingesetzten württembergischen Truppen insgesamt ganz aufgerieben.

Nach der Schlacht von Borodino wurden die Reste der württembergischen Infanterie in drei Bataillone formiert. Am 8. Januar 1813 war das Regiment noch 21 Mann stark. Noch im selben Jahr wurde es mit demselben Namen neu aufgestellt und focht auf Seiten Frankreichs gegen Russland/Preußen im III. Armeekorps Reynier (Stärke rund 1.400 Mann) unter anderem in Bautzen Groß-Rosen, Jüterbog und Euper. Nach der Schlacht bei Dennewitz wurden die Reste der württembergischen Infanterie erneut in drei Bataillone formiert. Die französischen Einheiten führten zwar auch Versorgungsfuhrwerke mit, hatten aber nicht an Futter für die Pferde gedacht, so dass sich diese von dem in der Nacht gegrasten Grünfutter ernähren mussten. Die Truppen verloren durch Entkräftung zahlreiche Pferde und requirierten daher in den durchzogenen Ländern neue. Viele Kavalleristen mussten aber beim Rückzug von Moskau selbst zu Fuß gehen, um Wagen und Geschütze zu bespannen und zahlreiche Geschütze und Munition wegen fehlender Zugtiere aufgeben. Die Grande Armée erlitt jeden Tag neue Verluste; besonders bei Wilna, als vom 7. bis 9. Dezember 1812 fast 2.000 französische Soldaten unversorgt bei – 39°C erfroren und Nachzügler durch verfolgende Kosaken getötet wurden. Die französischen Truppen verließen Wilna am 10. Dezember unter Zurücklassung von Kranken, Verwundeten und Erschöpften. Beim Einrücken der Kosaken kam es zu einem furchtbaren Massaker, an dem sich auch die Zivilbevölkerung beteiligte. Das Infanterie-Regiment Nr. 2 Herzog Wilhelm wurde also erneut vernichtet, zurück kamen ein Offizier sowie 70 Unteroffiziere und Mannschaften – Joseph Haug war wie erwähnt nicht darunter. Immerhin wurden alle Fahnen wieder zurückgebracht.

Die in den Jahren der Koalitionskriege erlittenen Verluste der Württemberger sind mit insgesamt 269 Offizieren und etwa 26.500 Soldaten beziffert worden. Nahezu drei Viertel dieser Verluste entstanden in den Jahren 1812 und 1813.

Der Feldzug Napoleons gegen Russland im Jahr 1812 stellt somit eine der größten militärischen Katastrophen der Neuzeit dar.

Franz Saless Haug wurde Ende Januar 1789 in Haus Nr. 71 Hirschau geboren und am Donnerstag, den 29. Januar getauft. Der drittgeborene Sohn von Petrus Haug und Rosina Knobel, wurde offenbar nach dem heiligen Franz von Sales benannt, dessen Namenstag auf den 21. Januar fällt. Paten waren Johannes Latus und die verheiratete Domitilla Zimmermann. Im Jahr 1800 wurde Franz Saless gefirmt.

Er erlitt dasselbe Schicksal wie sein zwei Jahre älterer Bruder Joseph und fiel im Russlandfeldzug Napoleons, nachdem er vergeblich versucht hatte, der Militärpflicht zu entgehen.

Im Allgemeinen Anzeiger der Deutschen findet sich in der Rubrik „Justiz- und Polizey-Sachen“ folgender Eintrag: „Rottenburg – Einberufung sämmtlicher auf der Wanderschaft und sonst abwesenden ledigen Unterthanensöhne. Alle jene militärpflichtigen, auf der Wanderschaft und sonst abwesenden ledigen Unterthanensöhne werden andurch der Verlust ihres Bürger- und Untertahnen Rechts so auch bey Vermeidung der Confiscation ihres gegenwärtigen und zukünftigen Vermögens namentlich angefordert, in Zeit von 3 Monaten bey dem unterzogenen königl. Oberamte sich zu melden, als […] Franz Salis Haug, Wagener.“ (In:Allgemeiner Anzeiger der Deutschen oder Allgemeines Intelligenz-Blatt zum Behuf der Justiz, der Polizey und der bürgerlichen Gewerbe in den deutschen Staaten wie auch zur öffentlichen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art, 18. Januar 1807, Spalte 394f.)

Auch im Königlich-Württembergischen Staats- und Regierungsblatt findet sich ein Eintrag: „Da gegen die im September vorigen Jahrs geschehene öffentliche Aufforderung die hiernach genannte militärpflichtige Unterthanensöhne des hiesigen Oberamts-Bezirks sich inzwischen nicht nach Haus begeben haben, so werden dieselbe hiermit zu Folge des § ?8 der Königl. Conscriptions-Ordnung unter Androhung der wirklichen Vermögens-Confiscation und Verlust ihres Unterthanen- und Bürgerrechts nochmals cordialter vorgeladen a dato inner 4 Monaten in ihr Heimwesen zurückzukehren, sich bei der Unterzeichneten Stelle zu melden, und der weitern Anweisung ihrer Militarpflichtigkeit halber zu gewärtigen, und zwar von […] Hirschau Joh Mayer, Jäger, Carl Zimmermann, Scribent., Remigius Schäfer, Weingartner, Marx Zimmermann, Lorenz Haug, Schäfer [und] Franz Sales Haug, Wagner.“ (Königlich-Württembergisches Staats- und Regierungsblatt vom Jahr 1808. Stuttgart 1808, S. 102.)

Franz Saless übte also wie sein ältester Bruder Johann das Handwerk des Wagners aus, hielt sich aber in den Jahren 1807 und 1808 nicht in Hirschau auf. Er war damals 18 bzw. 19 Jahre alt. Über die Umstände seiner Flucht bzw. Rückkehr und Einberufung ist bislang nichts bekannt.

Der Gedenktafel für die Hirschauer Gefallenen (s.u.) kann man entnehmen, dass er schließlich beim württembergischen Artillerieregiment diente. Dies ist an seiner Uniform unschwer zu erkennen: Franz Saless trägt einen geschlossenen dunkelblauen Waffenrock mit schwarzen Schulterklappen und schwarzem Kragen, eine rote Halsbinde, weiße Hosen, schwarze Gamaschen, weiße Schulterriemen sowie schwarze Aufschläge. Ein schwarzer Raupenhelm mit hohem schwarzem Stutz vorn auf der Raupe und einem gelben Schild mit württembergischem Wappen komplettierte die Uniform.

1812 hatte das württembergischen Artillerie-Detaschement unter Kommandeur von Brand – die Fuß-Artillerie stand unter dem speziellen Befehl des Obrist-Lieutenants von Bartruff – , das über zwei 6pfünder Kanonen verfügte, etliche Gefechte gegen Russland zu bestehen (am 8. August bei Rudnja, am 14. August bei Krasnoj, vom 17. bis 18. dauerte die Schlacht bei Smolensk, am 19. August kam es zum Gefecht bei Valutina-Gora, am 4. September bei Gridnewo und einen Tag später bei Koletzkoi. Am 7. September folgte noch die Schlacht bei Borodino, bevor es erst einige Wochen später am 26. Oktober zum Gefecht bei Borowsk kam. Am 14. November wurde wieder bei bei Krasnoi und am 15. November bei Minsk gekämpft. Es ist ungewiss, ob Franz Saless da noch lebte.

Die Logistik der Grande Armée war wie oben erwähnt nur für einen kurzen Feldzug ausgelegt, und das auf Requirierung beruhende System aufgrund der dünnbesiedelten Gebiete in Polen und Litauen absolut untauglich. Völlig katastrophal war, dass man kurz vor Smolensk am Dnjepr die Grenze nach (Alt)Russland überschritt und dort nur verlassene Dörfer oder Wälder vorfand. Da die Grande Armée keine Zelte mitführte, mussten die Soldaten in der eisigen Kälte im Freien biwakieren. Wie erwähnt verlor die französische Armee in diesem Feldzug mehr Soldaten durch Hunger, Krankheit und Desertion als durch Feindeshand.

Franz Saless Haug starb während des Russlandfeldzugs im Herbst oder Winter 1812. Näheres ist hierüber nicht bekannt.

Rosina Knobel erlebte anders als Petrus Haug den Tod der beiden Söhne nicht mehr, sie war mit 29 Jahren am 5. Oktober 1794 (knapp ein nach der Geburt ihres sechsten Kindes Catharina), in Hirschau gestorben. Die drei erstgeborenen Söhne waren damals zwischen 4 und 10 Jahre alt.

Die Grande Armée und ihr Untergang bzw. die Folgen von Napoleons Russlandfeldzug beschäftigten auch die Menschen in Hirschau sehr, dieses Ereignis hinterließ tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis. Ein Rottenburger Chronist berichtet, dass bei der Trauerfeier für die in Russland Gestorbenen am Freitag, den 8. Januar 1813 „Mütter, Gattinnen, Bräute, Schwestern in lautes Weinen, Schluchzen, Heulen ausbrachen“ und er fügte hinzu: „Nulla salus bello.“ (Es kommt kein Heil aus dem Krieg.)

In 13 Orten rund um Rottenburg entstanden Gedenktafeln, die an dieses für viele Familien einschneidende Ereignis erinnern sollten, was in Anbetracht der Tatsache, dass das Gedenken an die Toten eines Krieges gemeinhin nur den Anführern galt und es für die einfachen Soldaten üblicherweise keine Gedenkzeichen gegeben hatte, außergewöhnlich ist.

Ehrentafel für die 13 Gefallenen Hirschauer

Für die 13 „unschuldigen Schlachtopfer“ aus Hirschau – die Gefallenen waren Joseph Haug, Ignaz Hingher, August Latus, Thomas Haug, Meinrad Raf, Benedikt Kurz, Hugo Binder, Damasus Friedrich, Franz Saless Haug, Augustin Wohlschieß, Hans Martin Kurz, Hans Martin Weckenmann und Joseph Herrmann – wurde außerdem am 1. September ein Jahrtag gestiftet.

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