Wurmlingen im Dreißigjährigen Krieg

Der Dreißigjährige Krieg war für Wurmlingen und die gesamte Grafschaft Hohenberg eine harte Zeit. 1632 musste die Grafschaft mit den siegreichen Schweden einen Kontributionsvertrag abschließen, der hohe Geldzahlungen bedingte. Nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 mussten sich die Schweden und die mit ihnen verbündeten Württemberger zwar zurückziehen, aber bis 1648 waren noch zahllose Durchzüge und Kontributionsforderungen durchzustehen. Über die während des Dreißigjährigen Krieges eingetretenen Bevölkerungsverluste lässt sich nichts Genaues sagen (die Wurmlinger Kirchenbücher setzen erst später ein). Dem Schadensbericht von 1634 kann man entnehmen, dass noch 86 Bürger im Ort lebten. Wahrscheinlich hatte die Pestwelle des Jahres 1635 auch hier große Opfer gefordert (in Hirschau 120!).

Als die schwedische Besatzung während des Dreißigjährigen Krieges nach der Niederlage in der Schlacht von Nördlingen im September 1634 endete, belief sich der von den schwedischen Truppen in der Grafschaft Hohenberg verursachte Schaden auf 13,75 Millionen fl., wovon 35617 fl. auf Wurmlingen entfielen. Wie der Wurmlinger Bericht zeigt, waren die 86 Einwohner um 22893 fl. geschädigt worden, während sich die Unkosten für das Dorf selbst auf 12724 fl. beliefen.

Eine Anekdote aus Unterjesingen, auf die eine Volkskundestudentin im Jahre 1961 stieß, erklärt übrigens, warum die Wurmlinger so viele Felder im Ammertal hatten: Nachdem die Bevölkerung Unterjesingens durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges um etwa die Hälfte dezimiert worden war, eigneten sich die Wurmlinger nämlich deren Land an. Als es bezüglich der widerrechtlichen Aneignung zu einem Prozess kam, sollten die Wurmliger mit der Formel „So wahr ich einen Schöpfer über meinem Haupt habe, stehe ich hier auf eigenem Boden“ schwören, dass es sich um ihr Land handelte. Dazu hätten sie sich Wurmlinger Gartenerde in die Schuhe gefüllt und sich einen abgebrochenen Schöpflöffel unter den Hut gesteckt. So begingen sie keinen Meineid – und die Felder blieben in ihrem Besitz.[1]

Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges bauten die Hohenberger, die als Pfandherren die unmittelbare Ortsherrschaft in Wurmlingen und den übrigen vier Dörfern ausübten, ihren Besitz in der Rottenburger Gegend weiter aus und bezogen die daraus fließenden Einkünfte.[2] Die Landeshoheit, die vor allem im Besteuerungsrecht bestand, verblieb dagegen weiterhin bei Österreich. Die betroffenen Untertanen verweigerten dem Pfandherrn aber den Gehorsam, so dass die Innsbrucker Regierung schließlich eingreifen musste: 1661 wurden die Gemeinden Wurmlingen, Hirschau und Wendelsheim „bei unnachläßiger schwerer Leibs und Cutsstrafe“ ermahnt, den Amtleuten den schuldigen Respekt zu erweisen.[3]

[1] Eine Kopie des handschriftlichen Manuskripts, das im Rahmen des von den Professoren des Ludwig-Uhland-Instituts für Völkerkunde, Hermann Bausinger und Helmut Dölker, im Jahre 1961 durchgeführten Seminars „Wurmlingen und Unterjesingen. Vergleichende Dorfuntersuchungen im Kreis Tübingen“ findet sich in der Bibliothek des Stadtarchivs Rottenburg. Vgl. Eckart Frahm, Momentaufnahme Sommer 1961: Wurmlingen und Unterjesingen – eine vergleichende Dorfuntersuchung. In: Karlheinz Geppert (Hg.): 900 Jahre Wurmlingen – Vom Dorf am Fuße der Kapelle. Rottenburg am Neckar und Wurmlingen 2000, S. 307.

[2] Wurmlingen … es war einmal, S. 56.

[3] Ebd.

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